Fast hätte man meinen können, dass die Welt morgens um sechs immer noch in Ordnung sei. An diesem Sonntagmorgen, den 28. April 2019, lag eine fast sensationelle Stille über der Landschaft und aus der Ferne war der Gesang einer Nachtigall zu vernehmen. Der Arbeitskreis Naturschutz des Heimatvereins Drensteinfurt hatte zu seiner alljährlich stattfindenden Vogelstimmenwanderung eingeladen, 16 Teilnehmerinnnen und Teilnehmer hatten es geschafft, sich freiwillig um fünf Uhr morgens aus dem Bett wälzen und zu der Führung zu kommen. Diese startete am Erlbad, führte durch die Felder schließlich zum Wäldchen „Pastors Busch“. Der Vogelkundler August Wortmann aus Rinkerode begleitete die Gruppe der Naturfreunde und konnte wie bei jeder seiner Führungen mit faszinierenden Fakten und Geschichten aufwarten; leider musste er aber auch von Entwicklungen berichten, die Besorgnis erregen. Ein Drittel unserer heimischen Vogelarten ist bereits verschwunden, darunter der „Vogel des Jahres 2019“, die Feldlerche. Gehörte ihr Gesang vor drei, vier Jahrzehnten noch zur sommerlichen Klangkulisse in Feld und Flur, fehlt diese Komponente jetzt. Denn dieser Vogel hat sich endgültig aus NRW verabschiedet. Genau so ihre Verwandte, die Haubenlerche. Denn diese Bodenbrüter finden keine sicheren Nistmöglichkeiten mehr. Leider muss auch vermerkt werden, dass verantwortungslose Hundebesitzer, die ihre Tiere frei in Feld und Wald herumstöbern lassen, ihren Teil zu der Katastrophe beitragen. Ein Haushund hat ein aufgestöbertes Gelege in Sekundenschnelle vollständig eliminiert. Ein weiteres Drittel unserer Singvögel ist in seinem Bestand stark gefährdet, nur ein letztes Drittel vergleichsweise stabil im Bestand. Aus einem Feldgehölz erklang der melancholische Gesang einer einzelnen Goldammer, gleichsam als Abgesang auf die nicht mehr existierende Artenvielfalt. Droht uns bald ein stiller Frühling? Der schleichende Prozess schreitet immer stärker fort– aber ist er auch unaufhaltsam? Fest steht: Ohne ein Umdenken wird es künftig im Frühling immer stiller werden. Und nicht nur das: Ohne Vögel und ohne Insekten verlieren auch wir Menschen unsere Lebensgrundlage, denn damit ist auch die Landwirtschaft in Gefahr.
Vogelstimmenführung mit August Wortmann
am Sonntag, 28. April 2019
Bericht Holger Martsch
Feldlerche hat sich aus NRW endgültig verabschiedet
Vogelstimmenführung des Heimatvereins stimmte nachdenklich
Doch nicht nur wir tragen mit Flächenverbrauch, Vernichtung natürlicher Lebensräume und Intensivierung der Landwirtschaft zum Artenschwund bei; in anderen Ländern wird unseren Zugvögeln wir nach wie vor massenhaft nachgestellt. Allein an der nordafrikanischen Küste erstrecken sich Vogelfangnetze über eine Länge von 700 Kilometern, Millionen so gefangener Singvögel werden getötet und verspeist. Auf Malta, aber auch in Jordanien wird mit der Schrotflinte hemmungslos auf alles gehalten, was Federn hat. Der ehemalige französische Staatspräsident Mitterand ging mit nicht gerade gutem Beispiel voran: Zu seinen Lieblingsspeisen gehörten Ortolane. Sie wurden gefangen, dann gemästet und schließlich in Weinbrand ertränkt. Knusprig schwarzbraun geröstet gelangten sie auf den Teller des Präsidenten.
Wie in jedem Jahr bildete ein gemeinsames Frühstück (ohne Gefügel) im Schlossbistro den Abschluss der Wanderung, die auch 2020 wieder unter der Leitung von August Wortmann stattfinden wird. Ort und Zeitpunkt der Exkursion wird er Heimatverein in seinem Jahresprogramm 2020 rechtzeitig bekanntgeben.