img1
Zum fünften Vortrag über die Stewwerter Kneipenkultur begrüßte der Heimatverein-Vorsitzende Franz-Josef Naber (rechts) die Referenten Ludger Wienkamp (Zweiter von links), Paul Fels (Mitte) und Heinz Töns (Zweiter von rechts), dazu die Gastronomen Sonja Günther (links), Iris Schubert und (im Hintergrund) Sven Feseler.

Kneipenkultur in Stewwert - ehemalige Gaststätten in Drensteinfurt - Teil 5

Bericht: VON MECHTHILD WIESRECKER - Fotos: G. Münstermann
- Referenten: Heinz Töns, Ludger Wienkamp und Paul Fels

img1

Sofa statt Theke

Drensteinfurt – Rappelvoll war es am Mittwochabend in der Alten Post. Bereits zum fünften Mal hatte der Heimatverein zu einem Vortrag über die Kneipenkultur in Stewwert eingeladen. Wer von Anfang an dabei war, konnte feststellen, dass die Zahl der Zuhörer von Vortrag zu Vortrag größer geworden ist. Am Mittwochabend standen nicht nur längst vergessene Kneipen, sondern auch noch bestehende Gaststätten auf dem Programm.

Paul Fels eröffnete als erster Referent den Abend

Paul Fels eröffnete als erster Referent den Abend mit einem Rückblick auf das ehemalige Pavillon und heutige Schlossbistro, in dem in seinen Spitzenzeiten bis zu 100 Personen in der Außengastronomie Platz fanden. Unter einem dafür extra angefertigten Schirm fanden bis zu 60 Gäste Schutz vor Regen. Das Pavillon habe eine wechselvolle Geschichte durchlebt. Nicht durchgeführte Renovierungen und eine teure Pacht machten den Betreibern das Leben schwer. „Der Durchbruch für den jetzigen Pächter kam 2015 mit dem Ausschank von Fassbier“, erklärte Fels schmunzelnd. Heute sei im Schlossbistro immer was los, und seine Pächterin Ulla Klimas habe versprochen: „Ich mach’ die zehn Jahre voll“.

Heinz Töns berichtete von der ehemaligen Wirtschaft Theodor Debbelt, die direkt am Kirchplatz lag.

Heinz Töns berichtete von der ehemaligen Wirtschaft Theodor Debbelt, die direkt am Kirchplatz lag. Die Erinnerung an den Gastraum, eigentlich eine Wohnstube, in der keine Theke, aber ein Sofa stand, amüsierte die Anwesenden. „Schön war es“, erinnert sich Töns. Debbelt habe Klavier gespielt und mit den Gästen gesungen. Und wenn man die zweite Runde haben wollte, musste Frau Debbelt losgehen, um von der Gaststätte Hagedorn Nachschub zu holen. Trotzdem sei es Anlaufpunkt für die Hochamtsbesucher gewesen. Vor 50 Jahren wurde die Wirtschaft Debbelt geschlossen – was Töns mit den Worten kommentierte: „Es ist ein armes Volk, das seine Kneipiers nicht mehr ernähren kann.“

Fortsetzung

Am 6. Februar geht es mit den Kneipen jenseits der Bahnlinie weiter.

Die Geschichte des Hammer Paot, der sich im Laufe der Jahre von einem Wohnhaus in eine schmucke Gaststätte verwandelt hat, hatte sich Ludger Wienkamp vorgenommen. Ausgehend von den ersten Besitzern, einem Ehepaar aus Albersloh, arbeitete er sich durch sechs Pächter bis zu den siebten und aktuellen Pächtern Raphaela und Sven Feseler vor: „Heute herrscht hier westfälische Gemütlichkeit pur.“

“Es ist ein armes Volk, das seine Kneipiers nicht mehr ernähren kann.”

Paul Fels

Mit einer Zeitreise führte Paul Fels den unterhaltsamen Abend nach der Pause weiter. Fesselnd nahm er die Zuhörer mit zum Centralhof oder „Kabarettken“ Mittendorf, das einst auf dem Marktplatz stand. „Versetzt euch in die 60er Jahre“, bat er. Dann wanderte er bildhaft durch die einstige Kneipe und beschrieb dabei jedes Detail. Für die Anwesenden war das ein geniales Kopfkino. Er erinnerte daran, dass Mittendorf mit seinem PräservativAutomat extrem fortschrittlich war und daran, dass im Centralhof schon Langnese die Eis verkauft wurde, als selbst Horst Salzwedel dieses Eis nicht im Sortiment hatte. Besonders schön war die Erinnerung an die verschiedenen Charaktere, die einst durch die Kneipenlandschaft wanderten. So manche Anekdote sorgte für Erheiterung. Nach 38 Jahren Betrieb durch den immer gleichen Pächter Mittendorf wurde das Kabarettken geschlossen.

„Die Bahnhofsgaststätte ist spät gekommen und früh gegangen“, stellte Töns fest. Zudem konnte sie sich nicht als Anlaufpunkt für Pohlbürger etablieren. Die Gaststätte am Bahnhof schloss vor 50 Jahren ihre Tore. Heute steht dort der Kulturbahnhof. Gut zwei Stunden dauerte die Erinnerung an die alte Zeit, zu der neben den Besuchern auch ehemalige und aktuelle Pächter gekommen waren.

img2
img3