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Kneipenkultur in Stewwert - ehemalige Gaststätten in Drensteinfurt - Teil 4

Bericht: Franz-Josef Naber und Ludger Wienkamp - Fotos: Norbert Unkhoff
Referenten: Heinz Töns, Ludger Wienkamp, Paul Fels und Heinz-Josef Voß

Interessanter Abend zur Stewwerter Kneipenkultur

Am Mittwoch hatte der Heimatverein Drensteinfurt zu einem weiteren Abend zu dem Thema „Kneipenkultur in Stewwert“ in der Alten Post eingeladen. Über 80 Zuhörer waren der Einladung im voll besetzten Saal in der Alten Post gefolgt.

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Franz-Josef Naber stellte Heinz-Josef Voß die Gaststätte seiner Eltern - Anne und Josef Voß - das „Landhaus Eickendorf“ vor. Anne Voß, die bereits auf ihrem Heimathof Erfahrungen in einer Gaststätte gesammelt hatte, kümmerte sich in der Küche um das leibliche Wohl der Gäste, während ihr Mann Josef als Wirt das Bier ausschenkte. Viele Jahre war das „Landhaus Eickendorf“ eine Anlaufstelle für Jung und Alt - ob Hochzeiten, Kommunionfeiern oder für andere Familienfeiern. Leider mussten die Eheleute Voß ihre Gaststätte im Jahr 1975 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Neben vielen Anekdoten wurde ein Streich besonders erwähnt: der Pkw eines Gastes wurde vor der Gaststätte „aufgebockt“; beim Verlassen der Gaststätte bemerkte er dies jedoch nicht und wollte „durchstarten“. Die Lacher standen natürlich hinter den Fensterscheiben und amüsierten sich köstlich.

Ludger Wienkamp stellte danach die Gaststätte „Zur Breemühle“ an der Sendenhorster Straße vor. Nach einer wechselvollen Entwicklung von einer Getreidemühle und einem Sägewerk entwickelten die Eigentümer Schwaag, Klaverkamp und Wessel den Betrieb zu einem leistungsstarken Unternehmen für Furniere und Baustoffe. Gleichzeitig betrieb man eine Gaststätte, die nach der alten Flurbezeichnung Breede und der dort ehemals gestandenen Windmühle den Namen „Zur Breemühle“ erhielt. Zeitzeugen, wie Frau Maria Ottensmann, die als junges Mädchen dort eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin absolvierte, berichtete von berauschenden Tanzabenden und dem typisch westfälischem Humor der Gäste. Noch heute zeugen der intakte Kamin, die bunten Glasmalereien und das noch vorhandene Geschirr mit dem goldenen Namenszug „Zur Breemühle“ von einer glanzvollen Geschichte dieser beliebten Gast- und Gartengaststätte.

Heinz Töns präsentierte anschließend die im Rahmen der Stadtsanierung abgebrochene Gaststätte „Volkmar“ . Diese befand sich an der Wagenfeldstraße – am heutigen Standort des Frisörgeschäftes Diening. Als Stammkneipe der Stewwerter Paohlbürger war sie auch berühmt für die selbst gefertigten „Töttchen“ des Wirtes Werner Volkmar. Viele politischen Themen vom Protonenbeschleuniger über den geplanten Großflughafen und dem Münsterlandring wurden hier umfassend diskutiert und so endete mancher Frühschoppen in einem ausgiebigen Dämmerschoppen. Politik muss nicht immer ganz trocken sein.

Anfang der 50er Jahre wurde der „Kayser Hof“ von Gertrud und Alfred Kayser im Viehfeld erbaut, so berichtete Paul Fels. Nach dem Wechsel mehrerer Wirte übernahm Marlies Reidel im Jahr 2008 die „kleine Kneipe“ an der Bürener Straße. Am 25.03.2018 wurde auch hier das letzte Bier gezapft. Der Kayser Hof war immer eine Hochburg der örtlichen SPD und Treffpunkt der gesamten Nachbarschaft. Alfred Kayser war weit über die Grenzen Drensteinfurts für seine 1/2 Hähnchen bekannt und viele Anwesende erinnerten sich gerne an das sonntägliche Festessen zurück. Berühmt war der Kayser Hof aber auch bei den damaligen Maurern für die Auszahlung des Schlechtwettergeldes im Winter. Bei Frost konnten die Maurer eine Ausgleichszahlung als sogenanntes „Schlechtwettergeld“ beantragen. Einmal in der Woche war dann ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes anwesend und zahlte das Schlechtwettergeld in der Kneipe aus – wie praktisch! Viele Jahre wurde der Kayser Hof als Wahllokal genutzt und anschließend Sieg oder Niederlage kräftig gefeiert! Heute zeugt nur noch eine große Baugrube von der damaligen Existenz dieser einmaligen Gaststätte

Die ehemalige Gaststätte „Wiggermann“ in der Kurzen Straße stelle abschließend Paul Fels vor. Bekannt waren der Eigentümer Bum-Wiggermann und der Gastwirt Paul Havers. Schon kurz nach dem Krieg wurden wieder zahlreiche Karnevalsfeste gefeiert. Auch die Gründung einer Thekenmannschaft fand in diesen Räumen statt. Das besondere an der Gaststätte aber war, dass auf der Kegelbahn die Kegel noch mit der Hand aufgestellt werden mussten. Für viele Jugendlichen der DJG (Drensteinfurter Jugendgemeinschaft) waren der Saal und die dortigen Veranstaltungen ein Teil ihrer unbekümmerten Jugend. Anfang der 80er Jahre wurden die Räumlichkeiten zu einem Ladengeschäft und Wohnungen umgebaut.

Alle Vorträge wurden mit vielen alten Bildern und Geschichten untermalt und die Zuschauer konnten manche Person auf den zahlreich gezeigten Fotos erkennen und es wurde herzhaft gelacht. Es kam schon ein wenig Wehmut auf, welch interessantes und abwechslungsreiches Kneipenleben einst in unserem schönen Städtchen Stewwert vorhanden war!

Der nächste Abend zum Thema „Kneipenkultur in Stewwert“ findet am 16. Oktober 2019 um 19.00 Uhr in der Alten Post statt.