Nachtjäger, Platzhirsche und heimliche Einwanderer
Text und Fotos: Holger Martsch
Fahrt zum Wildpark Vosswinkel am Samstag, 5. Oktober 2019
Die Natur hat es so eingerichtet, dass nur die kräftigsten Tiere überleben und sich fortpflanzen. Zur Paarungszeit des Rotwilds gerät dieser Ausleseprozess zu einem sehenswerten Schauspiel, das zurzeit im Wildpark Vosswinkel nahe Arnsberg beobachtet werden kann. Aus diesem Grund machten sich am Samstag, 5. 10. 2019, rund 50 Heimatfreunde aus Drensteinfurt, darunter etliche Kinder, auf den Weg ins Sauerland. Nach einer guten Stunde Fahrt mit dem Doppelstockbus des Reiseveranstalters Engel aus Ahlen war der Parkplatz des Wildparks gegen 15.30 Uhr erreicht
Schweres Durchkommen für den Reisebus
Doch dort wurde es kritisch eng. Auf den schmalen Fahrwegen, die dazu auch noch in behindernder Weise mit Fahrzeugen einiger unbekümmerter und egoistischer Fahrzeuglenker verstellt waren, musste der Busfahrer ein hohes Maß an Geschicklichkeit beweisen, um überhaupt durchzukommen. Mit ruhiger Hand lenkte er das riesige dreiachsige, hohe Fahrzeug im Schritttempo über die kurvenreichen und unbefestigten Pfade, jede Kollision mit Ästen vermeidend. „Ob der das wohl schafft?“ war vielfach von besorgten Mitfahrenden zu hören – ja, er schaffte es.
Wer hier einen Zoo erwartet, der kommt mit falschen Vorstellungen
In naiven Internet-Kommentaren wird mitunter bemängelt, dass nur hier und da Tiere zu sehen seien. Das trifft mitunter zu, doch wer das kritisiert, hat das Konzept dieses Wildparks nicht verstanden. Es unterscheidet sich nämlich grundsätzlich von einem Zoo und ist gekennzeichnet durch Großzügigkeit und Weitläufigkeit. Hier reiht sich nicht Käfig an Käfig, sondern im Vordergrund steht das Naturerlebnis Wald. Wer die hier lebenden Waldbewohner entdecken will, der braucht manchmal etwas Geduld und ein gutes Auge beziehungsweise Fernglas.
Führung mit viel Fachwissen
Evi und Karl-Herrmann Flora aus Ennigerloh-Ostenfelde hatten sich bereit erklärt, die Stewwerter Heimatfreunde durch das Gelände zu führen. Mit ihrem Fachwissen über heimische Tierarten und die Jagd vermittelten sie Erstaunliches und bisher nie Gehörtes, zum Beispiel zu den Nachtjägern oder Nachtgreifen wie dem Uhu. Nachtaktiv ist auch der Marderhund, ein heimlicher Einwanderer. Ursprünglich im asiatischen Raum zu hause, hat er sich von russischen Pelzfarmen aus nach Westen vorgearbeitet. Diese Tiere, so Evi Flora, haben eine Gesichtsmaske, die dem Dachs oder dem Waschbär ähnelt, gehören aber zu dem Hundeartigen. Die Allesfresser ernähren sich auch von Kleintieren, zum Beispiel Mäusen. Ihre Lautäußerung ist ein verhaltenes Bellen und Winseln. Die Hunde leben jetzt auch hier bei uns, werden aber, da versteckt und nachtaktiv lebend, kaum wahrgenommen. Im Wildpark Vosswinkel lebt ein Paar dieser Tiere in einem dem natürlichen Lebensraum der Art nahekommenden Areal mit einem kleinen Wasserlauf.
Naturschauspiel Hirschbrunft
Der Nachwuchs des heimischen Rotwilds muss zu einem günstigen Zeitpunkt auf die Welt kommen – günstig für das Überleben, damit die Hirschkälber nach dem Absäugen ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden und uneingeschränkt aufwachsen können. Jetzt, im Herbst, ist Paarungszeit. Nur die Gene der vitalsten Tiere werden weitergegeben. Der stärkste Hirsch hat alle Konkurrenten vertrieben und eine Gruppe Hirschkühe um sich versammelt, die er abwechselnd bespringt, wobei der Besamungsakt ist sehr kurz ist. Seine Dominanz teilt der Platzhirsch durch kilometerweit hörbares Röhren mit. Mit der Zeit wachsen Nachfolger heran, die bald ihre Kräfte mit dem residierenden Platzhirsch messen werden und Ihn dann aus dem Revier verdrängen, wenn er im Alter schwächer wird. Ohne natürliche Feinde wird er sin freier Wildbahn schließlich den Hungertod sterben, weil er keine Nahrung mehr aufnehmen kann. Denn seine Zähne sind dann vollständig abgenutzt.
Einhellige Meinung: „Der Besuch hat sich gelohnt, ist eine Wiederholung wert.“
Sowohl Erwachsene als auch Kinder kamen beim Besuch des Wildparks Vosswinkel auf Ihre Kosten, wobei das unmittelbare Erleben der Hirschbrunft das beeindruckendste Erlebnis darstellte. Das Rotwild bleibt auf Distanz, zeigt aber keine allzu große Scheu und lässt sich gut beobachten. Für Kinder gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel einen Abenteuerspielplatz oder ein Lagerfeuer. Die zutraulichen Schafe und Ziegen im Eingangsbereich lassen sich gerne streicheln. Das Gastronomieangebot ist professionell, reichhaltig und umfasst Außen- und Innengastronomie. Viele Menschen, die den Park zum ersten mal besucht haben, möchten noch einmal oder immer wieder dort hin. Deshalb plant auch der Heimatverein Drensteinfurt, einen solchen Ausflug zu wiederholen, möglicherweise bereits im Herbst kommenden Jahres. Die entsprechenden Informationen werden der lokalen Tages- und Wochenpresse dem Jahresprogramm und der Internetseite des Vereins www.heimatverein-drensteinfurt.de zu entnehmen sein.