Kneipenkultur in Stewwert - ehemalige Gaststätten in Drensteinfurt - Teil 6

Bericht: VON MECHTHILD WIESRECKER - Fotos: G. Münstermann, M. Wiesrecker, Waltraud Havers und Ludger Wienkamp

- Referenten: Ludger Wienkamp und Waltraud Havers

img1

Im Ort fehlt etwas

Fast 100 Zuhörer tauchen ein in die Geschichten dreier Kneipen

img1

VON MECHTHILD WIESRECKER
Drensteinfurt – Zur sechsten Veranstaltung „Kneipenkultur in Stewwert“ hatte der Heimatverein am Mittwochabend in die Alte Post eingeladen. Fast 100 Interessierte waren gekommen, um mehr über die Geschichten rund um die ehemaligen Gaststätten „Westfälischer Hof“, den Gasthof „Zum Wildschwein“Baggelmann-Havers in Mersch und das Haus Averdung zu erfahren.

Es ist kein Wunder, dass die Vortragsreihe rund um die Kneipenkultur mittlerweile ein Selbstläufer ist. Die Historie und die Geschichten der längst vergessenen oder aktuellen Kneipen sind nicht nur unterhaltsam, sondern auch eine echte Geschichtsstunde.

Verantwortlich dafür sind die Referenten, die sich in langwieriger Recherche durch Archive und Kirchregister gearbeitet und so manche Gespräche mit Zeitzeugen geführt haben.

Ludger Wienkamp, der bei jedem Vortrag als Referent dabei ist, ist es ein echtes Anliegen, die Historie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. „Mein Traum ist es, die Stadtgeschichte und auch Kneipenkultur multimedial zusammenzufassen, damit nichts verloren geht“, sagt er. Dankbar sei er Stadtarchivar Dr. Ralf Klötzer, der ihm die Möglichkeit eröffnet habe, im Stadtarchiv zu forschen. In seinem Vortrag am Mittwoch stellte er das Gasthaus „Westfälischer Hof“ vor. Direkt am Marktplatz sei die Gaststätte ein zentraler Punkt im Ort gewesen. Anhand zahlreicher Fotos und Dokumente gab er einen guten Einblick in das gemütliche Leben vergangener Zeit. Wehmut kam auf angesichts des damaligen Marktplatzes. „Es gab keine Baulücken und die Gebäude passten gut zueinander“, sagte Ludger Wienkamp. Versöhnlich stellte er fest: „Nichts bleibt, wie es war, aber Veränderungen sollten mit Augenmaß vorgenommen werden.“

Diese betrieben nebenan eine kleine Brennerei die aber später in die Bauerschaft Eickendorf
ausgesiedelt wurde und seit 2013 nicht mehr in Betrieb ist. Heute befindet sich an der Stelle der ehemaligen Gaststätte
die Sparkasse. Foto: G. Münstermann

Westfälischer Hof mit kleiner Brennerei

Mit dem Ehepaar Hubert und Ria Jedani waren sogar die ehemaligen Besitzer des „Westfälischen Hofes“ anwesend, der 1972 abgerissen wurde. Diese betrieben nebenan eine kleine Brennerei die aber später in die Bauerschaft Eickendorf ausgesiedelt wurde und seit 2013 nicht mehr in Betrieb ist. Heute befindet sich an der Stelle der ehemaligen Gaststätte die Sparkasse.

 Mit Waltraud Havers stellte zum ersten Mal eine Frau eine Gaststätte vor. Foto: G. Münstermann

 

Gasthof „Zum Wildschwein“ in Mersch

Mit Waltraud Havers stellte zum ersten Mal eine Frau eine Gaststätte vor. Dies lag nicht nur daran, dass sich die Gaststätte „Zum Wildschwein“ im Besitz der Familie Havers befand, sondern auch an den vielen Aktivitäten der Hobbyhistorikerin innerhalb des Heimatvereins. Die Geschichte des Gasthofs „Zum Wildschwein“ in Mersch, die Waltraud Havers bis ins kleinste Detail recherchiert hatte, reicht lange zurück. Von 1608 bis 1860 wurde das Gasthaus Böcker am Standort Schlieks Kuhle „Soetes Eck“ betrieben. 1860 baute der damalige Besitzer das Gasthaus neu am Merscher Bahnhof.

Kegelbahn im alten Kuhstall

Es folgten ein Neubau nach einem Brand im Jahr 1926, ein Saal wurde angebaut und 1970 im alten Kuhstall eine Kegelbahn errichtet. Nach der Renovierung von Wirtschaft und Saal 1991 blieb die Gaststätte unter Pächter Ohlmeier als Partyservice für gemietete Veranstaltungen bis 2017 geöffnet.

Ganz klar stellte Havers in ihrem Vortrag heraus, wie bedeutend das Gasthaus für den Ort Mersch gewesen war. „Es war die einzige Gaststätte, hier trafen sich Familien und Vereine“, sagte sie. Das gesamte dörfliche Leben habe sich in der Kneipe abgespielt. Dorfbewohner und Gaststättenbesitzer waren dort wie eine große Familie. Darum habe es besonders wehgetan, die Gaststätte zu schließen. „Aus wirtschaftlichen Gründen war das nicht anders möglich“, bedauerte sie, auch wenn jetzt im Ort etwas fehle.

“Der Gasthof ,Zum Wildschwein’ war die einzige Gaststätte in Mersch, dort trafen sich Familien und Vereine.”

Waltraud Havers Heimatverein
img3

Gaststätte Averdung

Zu guter Letzt stellte Wienkamp noch Haus Averdung vor. Die Gaststätte am Ladestrang befindet sich seit 1905 im Besitz der Familie Averdung. In den Anfängen seiner Geschichte war das Gasthaus unter dem Namen „Gasthof zur Bahn“ bekannt, da es ein beliebter Treffpunkt der Bahnarbeiter war. 1928 wurde zusätzlich eine Kornmühle gebaut, die bis Ende der 60er Jahre in Betrieb war. 1974 bekam Averdung eine erste Kegelbahn, 1990 kam eine zweite Bahn hinzu

Seit 2004 befindet sich die Gaststätte Averdung in den Händen von Bernhard Averdung und seiner Ehefrau Beate. Über Jahre hinweg hat sich die Gaststätte zum beliebten Treffpunkt für Stewwerter Vereine entwickelt. Die Kegelbahnen werden bis heute gut genutzt.