Auf einem Baumstumpf präsentierten die Teilnehmer, was gefunden wurde.
© Gerty Münstermann

Pilz-Exkursion Heimatverein Drensteinfurt - 31.10.2024

Lecker, berauschend oder tödlich

Selbst der studierte Biologe und Pilzexperte Dr. Jens Wöllecke kennt nicht alle. Er weiß aber sehr viel über Pilze. Und an diesem Wissen ließ er bei einer Exkursion, zu der der Drensteinfurter Heimatverein eingeladen hatte, die Teilnehmer teilhaben.
Von Christiane Husmann WN

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„Alleine in Nordrhein-Westfalen gibt es 6000 nachgewiesene Arten, 14.000 bundesweit“, nennt Dr. Jens Wöllecke Zahlen, die staunen lassen. Selbst der studierte Biologe und Pilzexperte kennt nicht alle. Er weiß aber sehr viel über Fungi (Pilze), die viele nur von ihrer Pizza kennen. „Da gehören aber nicht alle hin“, warnte der Fachmann anlässlich einer aufschlussreichen Exkursion, zu der der Heimatverein Drensteinfurt eingeladen hatte.

Treffpunkt war die biologische Station des Nabu bei Haus Heidhorn sein. „Ich bin seit 30 Jahren Biologe“, stellte sich Dr. Jens Wöllecke kurz vor und wollte wissen: „Welches sind Ihre Erwartungen, was wollen Sie wissen?“ So kamen launige Fragen aus Reihen der rund 20 Teilnehmenden: „Wann findet das Pilzessen statt?“ Der Appetit auf selbst gesuchte Pilze sollte dem einen oder anderen dann aber doch noch vergehen. Beim Gang in den benachbarten Wald riet der Biologe zum Thema sammeln: „Nie eine App benutzen – die kann auch in zehn Jahren nicht sicher zuordnen, um welchen Pilz es sich handelt.“ Das könne im Zweifelsfall tödlich enden oder bleibende Schäden der inneren Organe verursachen.

„Nie eine App benutzen – die kann auch in zehn Jahren nicht sicher zuordnen, um welchen Pilz es sich handelt.“ Dr. Jens Wöllecke, Pilzexperte

Das, was aktuell medial die Runde mache, sei schlicht und ergreifend auf Unwissenheit der Sammler zurückzuführen. „Viel Wissen basiert auf der Empirie aus der Historie“, wusste der Biologe und warf einen Blick weit zurück. „Selbst Ötzi hatte Pilze dabei – Zunder und Birkenporling.“ Letztgenanntem werde eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. „Ein Aufguss schmeckt scheußlich“, räumte Dr. Wöllecke aus selbst gemachter Erfahrung ein und wusste zum Zunder: „Früher sehr wichtig.“ Der leicht brennbare Pilz habe seit jeher dazu gedient, Funken aufzufangen und mit ihnen ein Feuer zu entzünden.

„Sie haben fünf Minuten“, lud der Exkursionsleiter die Teilnehmenden ein, auszuschwärmen und Pilze zu sammeln. Auf einem Baumstumpf präsentierten die Teilnehmer dann, was gefunden wurde. Unterschiedliche Pilze formierten sich zu einem schönen Bild. „Dieser violette Lacktrichterling macht sich auch in der Pfanne als Deko sehr gut“, wusste Dr. Wöllecke von kulinarischen Vorzügen eines zarten Pilzes. „Ein Milchling“, bezeichnete er ein anderes Exemplar, zwischen dessen Lamellen eine milchige Flüssigkeit zu entdecken war. „Schmarotzer-Röhrling, Täubling, grünblättriger Schwefelkopf“, erkannte er weitere Fundstücke. Über viele sagte er: „Leider giftig.“ Nicht alle, „aber wenn ihnen nur einer in die Pilzpfanne gerät“, könne das verheerend sein. „Knollenblätterpilz“, präsentierte der Experte einen Pilz, der auf keinen Fall verzehrt werden sollte. „Nach dem Anfassen, bitte die Hände waschen“, empfahl er dringlich, auch wenn Pilze nicht kontaktgiftig seien. „Von diesem Pilz darf nichts in die Schleimhäute gelangen, sonst…“. Das „sonst“ wollte man sich nicht ausmalen, sondern hörte lieber von den vielen Vorzügen der hübschen Exemplare.

Das Pilzesammeln selbst könne er als schönes Hobby empfehlen. „Viel frische Luft, Beobachtungen spannender Sporen unterm Mikroskop“, stellte der Fachmann in Aussicht. Auch, dass man Entdeckungen gerne der Deutschen Gesellschaft für Mykologie melden dürfe. „Die freuen sich 'nen Keks“, versicherte er und erklärte, warum das moderate Pilzesammeln dem Objekt selbst nicht schade. „Das ist ähnlich wie beim Apfelbaum, wenn ich den Apfel vom Ast trenne“, verglich Dr. Wöllecke. „Was wir sammeln sind lediglich die Fruchtkörper, den Rest unter der Erde sehen wir nicht.“ Gut sichtbar sei hingegen der Fliegenpilz. „Von dem versprechen sich viele einen Rauschzustand, der allerdings schmerzlich auf der Toilette enden kann.“ Durchfall und Erbrechen seien dann keine Halluzinationen, sondern unschöne Wirklichkeit.

Dass Pilze als fein verästeltes Geflecht im Verborgenen wachsen und sich von organischen Nährstoffen ihrer Umgebung ernähren, wurde neben vielem anderen vermittelt. Auch, dass sie eine Symbiose mit Bäumen eingehen. „Sehr, sehr interessant und wirklich spannend“, bewertete eine Teilnehmerin am Ende. Auf die Frage, ob sie denn in Zukunft Pilze sammeln wolle, folgte die Antwort: „Die sind ja wunderschön, aber das mit dem Sammeln für die Pfanne überlasse ich den Experten.“


Video: Holger Martsch