Loretokapelle Drensteinfurt

  • Loretokapelle

    Bericht: Karl-Heinz Domaser

    Geschichte: Das Haus der Heiligen Familie (Santa Casa) in Nazareth, wo der Erzengel Gabriel der Hl. Maria die Geburt Jesu verkündete, war über Jahrhunderte ein wichtiger Wallfahrtsort im Heiligen Land. Nach der Eroberung Palästinas 1263 fanden Wallfahrten nur noch bis 1291 dorthin statt. Um der Christenheit diesen wichtigen Wallfahrtsort nicht vorzuenthalten, sollen Engel (in Wirklichkeit war es ein griechischer Reeder dessen Name übersetzt „Engel“ war) 1291 dieses Haus zunächst in das illyrische Epirus (heute Trsat in der Nähe von Rijeka) per Schiff verfrachtet haben. Von dort gelangte es schließlich nach Loreto (Italien) in der Nähe von Ancona. Der Name Loreto entwickelte sich aus dem lateinischen Wort „lauretum“ Lorbeerhain. Dort wurde eine Kapelle mit den Maßen 9,25 x 4,1 m und einer Höhe von ca. 5 m errichtet. Diese Maße dienten auch als Vorbild für viele in Europa errichtete Nachbauten. Aufgrund der im Zuge der Gegenreformation, besonders von den Jesuiten propagierten Marienverehrung, ist Loreto der zweitgrößte Wallfahrtsort in Italien, der nur noch vom Petersdom übertroffen wird.

    Vornehmlich seit dem 17. Jahrhundert entstanden in vielen Ländern Europas Nachbauten der Loretokapelle, meist aus Dank für entgangene Verwüstungen im 30jährigen Krieg. Besonders viele Kapellen entstanden in Deutschland (nahezu 50) und Österreich, aber auch in Böhmen, Frankreich und Polen und der Schweiz. Bemerkenswert ist, dass sich in Wien, in der Augustinerkirche, eine Loretokapelle befindet, die von Kaiser Ferdinand IV. zur Herzgruft der Habsburger bestimmt wurde. Von 1618 – 1878 wurden insgesamt 54 Herzen der Habsburger dort beigesetzt. Auch das Herz des einzigen Sohnes von Napoleon I. wurde dort beigesetzt.

    Drensteinfurt: An der Stelle der heutigen Loretokapelle, befand sich seit dem späten Mittelalter ein Leprosenhaus. Ab 1651 wurde unweit dieses Hauses eine Johanniskapelle errichtet, um den Kranken einen Gottesdienstbesuch zu ermöglichen, allerdings nur von der Vorhalle durch ein Fenster.

    Graf Johann Mathias von der Recke ließ 1726 von dem Baumeister des Drensteinfurter Schlosses Lambert Friedrich Corfey anstelle der Johanniskapelle eine Kapelle nach dem Vorbild der italienischen Loretokapelle errichten. Die offene westliche Vorhalle ist eine letzte Reminiszenz an die Leprakranken, die von dort Gottesdiensten beiwohnen konnten. Aus der früheren Kapelle hatte sich ein Pestkreuz erhalten, das aber 1972 mit einer barocken Pieta, gestohlen wurde. Sehenswert ist das Relief der Maria Verkündigung , geschaffen von Wilhelm Heinrich Kocks aus Münster. 1867 ließ Freiherr Engelbert von Landsberg an der Ostseite einen hinteren Anbau anfügen, als Gruft für die Familie von Landsberg. Diese wurde 1887 erweitert. In der Kapelle befindet sich auch eine Relieftafel, die an den 1953 in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Generalleutnant Moritz von Strachwitz erinnert, einen Verwandten der Familie Landsberg. Wallfahrten wurden bis ins 18. Jahrhundert durchgeführt (1779?). Ebenso fanden Messen und Gottesdienste statt. Die Hauskapläne der Familie Landsberg waren dafür verantwortlich. Seit 1730 war die Kapelle in der Obhut von Franziskanerpatres. Auch Taufen der Kinder und Angehörigen der Familie Landsberg wurden in der Kapelle vorgenommen.

    Heute finden keine regelmäßigen Gottesdienste in der Kapelle statt. Nach dem 2. Weltkrieg ab 1949 gab es mehr oder weniger regelmäßig Gottesdienste, vor allem während der Tätigkeit von Vikar Dr. Deimel bis etwa 1969. Allerdings findet seit Jahrzehnten, auf Initiative des Heimatvereins, jedes Jahr am Pfingstmontag eine Maiandacht in plattdeutscher Sprache dort statt.

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